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Episoden aus der Geschichte Oberreichenbachs

28. September 2020 von

Der Schaftriebstreit von 1493 *)

Streitigkeiten wurden zu dieser Zeit zwischen den jeweiligen Grundherren ausgetragen. In diesem Fall waren es der Abt Andreas vom Kloster Münchaurach und der Adelige Darius von Heßberg als Schutzherr für die Gemeinde Oberreichenbach. Anlass war das Behüten der Stoppelfelder nach der Getreideernte. Die sogenannte Stoppelhut war von alters her geregelt. In der Dorfordnung Oberreichenbachs von 1519 wird sogar ein Schaftrieb-Brief erwähnt, der leider nicht überliefert ist.
Die Stoppelweide lag natürlich nicht auf den Tag genau fest. Sie richtete sich nach den Witterungsverhältnissen. Verständlicherweise kann sich die Ernte um Wochen verschieben.
Dies wird wohl hier der Streitanlass gewesen sein. In unserem Bereich waren gewisse Stichtage festgelegt, und zwar: Laurenzi (10. August) für das Winterfeld und Bartholomäi (24.
August) für das Sommerfeld. Nach den von den Dorfmeistern festgelegten Termin durfte der Gemeindehirte die Felder, also das Unkraut, behüten. Der Kuhhirte hatte das Vorrecht, dann folgten die Schafe und zuletzt durften die Gänse noch einmal darauf gehütet werden. Der Schäfer konnte also erst dem Kuhhirten folgen. Der Nankenhofer Schäfer (Nankenhof war der Schafhof des Klosters Münchaurach) hatte wahrscheinlich nicht den Kuhhirten abgewartet. Als Schadensersatz hatten sich die Oberreichenbacher drei Hammel aus der Herde
weggenommen und sich dabei auf ihren Heßberg berufen, den der Schäfer natürlich
verfluchte.
Aus dem umfangreichen Schrifttext über diese „Irrung“, der aus der Zeit der Regentschaft des Markgrafen Friedrich des Älteren (1486-1515) stammt, ist vieles, da es sich um Manuskripte handelt, schwer zu entziffern. Hier wird ein Manuskript zur Veranschaulichung abgebildet:

Entzifferung:
„Armen Leut zu Oberreichenbach – uns hat der würdige, unser lieber getreuer Herr Andreas, Abt zu Münchaurach, klagende angebracht, wie ihr seinen Schäfer zu Markenhof
(=Nankenhof) seine Schafe wider alts Herkommen und Gebrauch auch über sein vollkommenliches rechtliches Arbeiten genommen habt, um daß er in die Stupfel getrieben, daß er doch zu dieser Zeiten gut Recht und von Alters her in Gebrauch also ererbt hab. Darauf ist begehren wir an euch im reicht. Ihm wollet dem gedachten Schäfer die drei Hammel, die
ihr einbehalten habt unangesehens von Stund an wiedergeben ……… Cadolzburg am der nächsten Tag nach Egidien (Montag 2. September) Anno 1493.“
Dieses ist aber wahrscheinlich nicht geschehen, denn die Oberreichenbacher werden sie zu ihrem Kirchweihfest geschlachtet und verzehrt haben.

(Anmerkung hierzu: Der Verfasser ging mit dieser Aussage vermutlich davon aus, dass die Oberreichenbacher ihr Kirchweihfest damals wie heutzutage an Egidien, also um den 1.
September, feierten. Dies dürfte nicht der Fall gewesen sein, denn Egidius als Patron unserer Kirche wird erst später erwähnt. In der Dorfordnung von 1519 wird eine Katharinenkirche
genannt. Die Umwidmung des Patronats erfolgte wohl später im Zuge der Reformation – Roman Gibtner).

*) Der Text wurde im Wesentlichen übernommen aus der Broschüre „Der Schafhof des Klosters
Münchaurach“ verfasst von Georg Christoph Kreß, 1993.

Ein ganz HERZLICHES DANKESCHÖN an Herrn Roman Gibtner für die Bereitstellung dieser "Episode"!

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